Bei Softwareprojekten geht es darum, eine Lösung für ein Problem zu finden. Oft wird dabei nur an die Funktionen gedacht, die die Software erfüllen soll – am besten ein Tool für alles, quasi ein Schweizer Taschenmesser. Doch an das „Wie“ denkt keiner. Dabei bedeutet Effizienz vor allem, die richtigen Wege zu gehen und Unnötiges von Essenziellem zu unterscheiden. Fragen wie bspw. „Wie sorgen wir dafür, dass wir effizient ans Ziel kommen“ oder „Wie sorgen wir dafür, dass nicht nach dem Release viele Bug Reports bzgl. der Benutzerfreundlichkeit aufkommen?“ sind ausschlaggebend für ein gelingendes Projekt.
Um dies zu erreichen, braucht es keine externen Fachspezialisten, die Missstände entdecken und Lösungen definieren. Diese Aufgaben können stattdessen direkt im ganzen Team verankert sein und kontinuierlich abgerufen werden. Doch worauf muss geachtet werden, damit das Team reibungslos funktioniert? Wir zeigen Ihnen die richtigen Kniffe mit unserem „Schweizer Taschenmesser“ für effizientes Teamworking, damit Ihre Software genau die Funktionen erfüllt, die Sie tatsächlich brauchen.
Unser „Schweizer Taschenmesser“ für effizientes Teamworking (© Foto im Original: unsplash - Patrick)
Die perfekte Mischung
Agiles Arbeiten im Team bedeutet nicht, dass alle Aufgaben immer gemeinsam im Team erledigt werden und jeder alles machen muss. Es geht darum, eine perfekte Mischung zwischen Team- und Einzelarbeit zu finden, um die Übergänge so effizient wie möglich zu gestalten.
Gute und regelmäßige Kommunikation innerhalb des Teams und mit den Stakeholdern hilft, um auf dem aktuellen Stand zu sein und rechtzeitig wahrzunehmen, wann welcher Invest wo benötigt wird. So werden Wissenslücken, die behoben werden müssen, rechtzeitig identifiziert. Die Aufgaben, die sich daraus ergeben, werden im Anschluss einzelnen Personen zugewiesen, wobei hier nicht nur die jeweiligen Spezialisten berücksichtigt werden sollten.
Ein gemeinsames Verständnis ist die Grundlage, um die vorhandenen Ressourcen in die richtigen Wege zu leiten und nicht „aneinander vorbei“ zu arbeiten.
Um ein gemeinsames Verständnis (shared knowledge) zu erreichen, werden gemeinsam Ideen entwickelt, Informationen gesammelt, interpretiert und individuelle Aufgaben definiert. Um keine Zeit zu vergeuden, werden die einzelnen Aufgaben anschließend von Individuen bearbeitet.
Aufgrund des gemeinsamen Verständnisses sind keine langen Aktualisierungsdiskussionen notwendig, weder zu Beginn eines Meetings noch bei der Verteilung der Aufgaben. Durch den Wissensvorschuss, reichen oft kurze Reports über die Ergebnisse. Danach wird gemeinsam bewertet, ob das Team zu diesem Zeitpunkt über das gesamte erforderliche Wissen verfügt, um mit den vorhandenen Erkenntnissen sinnvoll Ideen entwickeln zu können.
Das richtige Maß
Ebenso wichtig wie die Balance zwischen Team- und Einzelarbeit, ist das richtige Maß bei der Umsetzung der Aufgaben.
Die Identifikation der Wissenslücken ist die Grundlage, um einschätzen zu können, dass in richtigem Maße Zeit in verschiedene Bereiche investiert wird.
Lücken müssen nicht von grundauf neu gestopft werden, sondern lassen sich mit bewährten Mitteln beheben. Methodiken können wiederverwendet werden und Vorlagen können modifiziert und an unterschiedliche Szenarien angepasst werden. Wiederholbare Prozesse für die Planung von Sitzungen, die Rekrutierung von Nutzern oder Interessengruppen, die Entwicklung von Aufgaben und Interviewfragen, den Austausch von Ergebnissen, die Ideenfindung und die Entscheidungsfindung helfen, die Arbeit effizienter zu machen und in einen routinierten Flow zu gelangen. Mittels Timeboxing behalten Sie die Planungsübersicht für die nächsten Schritte.
Nischen ins richtige Licht rücken
Jede Rolle in einem Projekt bekommt die gleiche Wichtigkeit und damit Sichtbarkeit. Denn oft genug kommt es vor, dass Rollen im Projekt ein Nischen-Dasein fristen.
Projekt-Nischen ausleuchten und Licht ins Dunkel bringen – für einen gemeinsamen Wissensstand (© freepik – ArtPhoto_studio)
Ist der Nutzen von solchen Projekt-Nischen schon im Vorhinein sichtbar, befreit dies Entwickler:innen von Rechtfertigungsdruck und Überzeugungsarbeiten. Neben dem benötigten Zeitinvest, werden dadurch auch die benötigten Ressourcen frühzeitig deutlich. Dies erspart Diskussionen und verhindert Versäumnisse.
Durch die Sichtbarkeit aller Projektbereiche lassen sich Zeit und Ressourcen entsprechend planen.
Gleichzeitig steigt mit der Sichtbarkeit auch die Akzeptanz im Projekt. Die Verbindung zum Produkt wird gestärkt damit auch die Entwicklungsqualität. Kommen bestimmte Bereiche hingegen zu kurz, werden agiles, eigenverantwortliches Arbeiten, Wachstum und die Motivation zur Erreichung des Ziels massiv eingeschränkt.
UX – eine typische Nische
Nach einer Auslieferung des Produktes werden häufig noch viele Probleme gefunden, die die Benutzung der Anwendung betreffen. Es kostet die Entwickler:innen wiederum Zeit, diese zu beheben. Eine hohe Sensibilität für UX im gesamten Team identifiziert viele dieser Probleme bereits vor dem Fertigstellen der Anwendung.
Eine einfach umzusetzende und dabei effiziente Möglichkeit die Sichtbarkeit der UX zu erhöhen ist, auf dem agilen Board des Teams einzelne Spalten hinzuzufügen. So werden UX-Arbeiten visuell und nachvollziehbar für das gesamte Team dargestellt. Es unterstützt zudem die Mitarbeitenden dabei in Rücksprachen selbstbewusst die tägliche Arbeit zu berichten und damit die Sichtbarkeit fürs Team aufrechtzuerhalten. Ein solches Vorgehen eignet sich für alle Projektbereiche.
Wie soll das alles noch in einen Sprint passen?
Bei der agilen Entwicklung geht es darum, Aufgaben in kleinen, aber machbaren, iterativen Schritten anzugehen, um am Ende eines Sprints auslieferbare Funktionalitäten zu haben.
Diese Definition ist für die Funktionalitäten des Endproduktes sicher sinnvoll, bei anderen Arbeiten wie bspw. Prozessoptimierungen oder Screendesigns ist dies nicht zwingend notwendig. Hier gilt es auch mal sprintunabhängig zu denken. Bestimmte Aktivitäten, wie Research zum Nutzerverhalten oder das Testen von Prototypen, lassen sich über mehrere Sprints schon vor der Entwicklung durchführen. Auch Designs lassen sich bereits für die Implementierung vorbereiten. Achten Sie allerdings darauf, dass der aktuelle Stand transparent für jeden im Team ist.
Beispielhafte Verteilung von UX-Arbeiten über Sprints (© eXXcellent solutions)
Das Rad nicht neu erfinden
Wie beim Schweizer Taschenmesser hat agiles Arbeiten viele nützliche Hebel. Doch wo fängt man an? Es muss keinesfalls alles Bisherige über den Haufen geworfen werden. Starten Sie mit dem, was Sie haben und analysieren Sie dies. Auch hier sind bestimmt gute Hebel dabei (Rollen, Methodiken …), die sich für Sie bewährt haben. Behalten Sie diese unbedingt bei. Von hier aus können Sie einzelne oben beschriebene Maßnahmen umsetzen, diese evaluieren und festigen oder zurückdrehen - ganz gemäß Kaizen, eine kontinuierliche Weiterentwicklung.
Weitere Informationen:
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Über die Autor:innen:
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Veronika Ansorge: Autorin Veronika Ansorge ist Senior Software Engineer bei der eXXcellent solutions in Ulm. Seit 2020 ist sie als Beraterin und Entwicklerin im Bereich SAP und Web tätig. Weitere Schwerpunkte liegen in der Mensch-Computer-Interaktion und im agilen Entwickeln. |
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Michael Englbrecht: Co-Autor Michael Englbrecht ist Portfolio Manager SAP bei der eXXcellent solutions in Ulm. In seiner 20-jährigen Berufserfahrung im SAP-Bereich begleitete er viele Projekte bei der Umsetzung eigener UX-Konzepte und der Implementierung von SAP Fiori in der Organisation und der IT-Abteilung. Er ist Autor zahlreicher Bücher, die beim Rheinwerkverlag (SAP Press) veröffentlicht wurden und werden und er ist Autor des Buch SAP Fiori und SAP Schnittstellenprogrammierung. |
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Co-Autorin Katja Kruse ist als UI/UX-Expertin bei der eXXcellent solutions in Ulm. Seit Oktober 2022 begleitet sie mehrere Projekte bei der Umsetzung eigener UX-Konzepte. Weitere Schwerpunkte liegen in der Entwicklung von Konzepten für interaktive Systeme im Einklang mit gängigen Usability Normen.
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