Gutes Feedback ist ein Geschenk – denn es hilft uns besser zu werden. Beim User Centered Design wollen wir genau das erreichen: Die Software kontinuierlich verbessern – maßschneidern – bis sie auch wirklich zu den Anforderungen passt. Deshalb holen wir im Entwicklungsprozess regelmäßig Nutzerfeedback ein. Nicht selten kommt dabei eine ganze Menge zusammen und man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Wir zeigen, wie man im Feedback-Dschungel die Orientierung behält und den Weg zur passgenauen Software bahnt!
Den richtigen Weg gehen mit User Centered Design (© Foto von 邱 严 auf Unsplash, Schriftzug eXXcellent solutions)
In den vorherigen Beiträgen unserer Kaizen-Reihe haben wir uns bereits damit beschäftigt, warum Feedback so wichtig ist und wie wir es am besten einholen können. Ist das Feedback erstmal gesammelt, stellt sich die Frage: Was machen wir damit? Wir verschaffen uns erstmal einen Überblick!
Hierfür eignet sich ein Affinity Diagram. Dabei werden die gesammelten Informationen auf einen Notizzettel geschrieben und an ein großes Whiteboard oder an eine Wand geklebt. Im nächsten Schritt sollten die Elemente sortiert und in entsprechende Cluster geordnet werden. Diese ergeben sich meistens aus dem Material. Ein guter Einstieg kann zunächst auch eine Gruppierung nach der Art der Nutzer sein. Jedes Cluster bekommt einen Titel und eine kurze Beschreibung, worum es in der jeweiligen Kategorie geht. Je mehr Informationen man erhält, desto eindeutiger lassen sich Muster erkennen und die Cluster zusammenfassen oder ausdifferenzieren. Diese Prozedur wird so oft wiederholt, bis es nur noch wenige Cluster gibt und die Gruppen in sinnvolle Kategorien unterteilt wurden. Bei dieser Methode ist es üblich, dass sich die Kategorien immer mal wieder ändern, je nachdem welche Informationen gefunden wurden. Um die Datenmenge zu reduzieren, sollten die zehn wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst werden.
Affinity Diagram nach Nutzergruppen geclustert (© eXXcellent solutions)
Dinge, die öfters von verschiedenen Nutzern erwähnt werden, rutschen dabei in der Prioritätsliste weiter oben, da hier wohl die größten Probleme liegen. Gerade bei einer Vielzahl an Informationen ist es sinnvoll, sich auf die wichtigsten Erkenntnisse zu konzentrieren. Eine Methode zur Priorisierung, ist beispielsweise das Kano-Modell.
Das Kano-Modell unterscheidet fünf Merkmale, die mehr oder weniger Einfluss auf die Kundenzufriedenheit haben können: Basismerkmale, Leistungsmerkmale, Begeisterungsmerkmale, unerhebliche Merkmale und Rückweisungsmerkmale.
In welchem Bereich des Graphen befinden sich unsere Funktionalitäten aktuell? Wo müssen wir investieren? (© Grafik von eXXcellent solution nach Elmar Sauerwein)
Die Einteilung des Nutzerfeedbacks nach den Merkmalen des Kano-Modells hilft dabei, den Stand der Software einzuordnen. Weist die Anwendung wenig Basisfaktoren und Leistungsfaktoren auf, müssen wir hier investieren, um die Kundenzufriedenheit zu steigern – also im Graphen von unten links nach oben rechts zu rutschen.
Um zu erkennen, was ein Leistungsmerkmal oder ein Basismerkmal ist und welche Merkmale eher unerheblich für die Nutzer sind, eignet sich eine Matrix. Mittels sogenannten funktionalen Fragen und dysfunktionalen Fragen können die Informationen abgeprüft und dem entsprechenden Merkmal zugeordnet werden. Beispielsweise wäre eine funktionale Frage: “Was wäre, wenn ich in der Tabelle die Spalten ein- und ausblenden könnte?” und eine dysfunktionale Frage: “Was wäre, wenn ich in der Tabelle die Spalten nicht ein- und ausblenden könnte?” Würde der Nutzer im ersten Fall “Das würde mich sehr freuen” antworten und im zweiten Fall “Das erwarte ich”, dann kann davon ausgegangen werden, dass der Nutzer in diesem Beispiel keine Funktion zum Ein- und Ausblenden der Tabelle erwarten, sich jedoch darüber freuen würde, was wiederum auf ein Begeisterungsmerkmal schließt. Dies kann auch in Form eines Fragebogens mit dem Kunden abgefragt werden oder man stellt sich selbst die Fragen im Team.
Fragen-Matrix des Kano-Modells (© Grafik von eXXcellent solutions nach Elmar Sauerwein)
Diagramme und Matrizen sind gut, um ein Problem auseinanderzufieseln. Um nun die Essenz daraus abzuleiten, lohnt es sich die Erkenntnisse in Worte zu übersetzen und einen Point of View zu formulieren. Was sollte die Software aus Sicht des Nutzers erfüllen? Was braucht er oder sie und warum?
Der Nutzer A braucht Übersichtlichkeit bei der Bearbeitung der Tabelle, weil er sonst unnötig Zeit damit verschwendet, die für ihn relevanten Spalten zu finden.
– Beispiel Point of View
Sobald das Problem klar definiert ist, sind User Stories eine gute Möglichkeit, um die Funktionen und Anforderungen des Produkts festzulegen. Dabei sollte vor allen Dingen das Ziel des Nutzers im Auge behalten und verstanden werden. Neben dem Ziel und dem Weg dorthin betrachtet man auch die möglichen Probleme, warum ein Nutzer aktuell nicht zu seinem Ziel kommt.
Als Tabellenpfleger wünsche ich mir, dass ich nur das sehe, was in dem Moment für mich relevant ist, um effizienter arbeiten zu können.
– Beispiel User Story
Im nächsten Schritt werden Anforderungen formuliert. Letztendlich sind es die Benutzer, die über Erfolg oder Misserfolg eines Produkts entscheiden. In diesem Fall wäre die Anforderung eine Funktion zum Ein- und Ausblenden der Spalten in der Tabelle.
Haben Sie Fragen zu diesem Thema? Schreiben Sie mir gerne eine E-Mail. Ich freue mich auf Ihre Kontaktaufnahme!
Hier geht's zum letzten Beitrag der Reihe: Hier geht's zum folgenden Beitrag der Reihe:
Oder informieren Sie sich auf unserer Website über unsere Kompetenzen im Bereich User Centered Design:
Quelle Teaserbild: © Jo Szczepanska, Unsplash |
|
Autorin Katja Kruse ist als UI/UX-Expertin bei der eXXcellent solutions in Ulm. Seit Oktober 2022 begleitet sie mehrere Projekte bei der Umsetzung eigener UX-Konzepte. Weitere Schwerpunkte liegen in der Entwicklung von Konzepten für interaktive Systeme im Einklang mit gängigen Usability Normen.
|
|
|
Veronika Ansorge: Co-Autorin Veronika Ansorge ist Senior Software Engineer bei der eXXcellent solutions in Ulm. Seit 2020 ist sie als Beraterin und Entwicklerin im Bereich SAP und Web tätig. Weitere Schwerpunkte liegen in der Mensch-Computer-Interaktion und im agilen Entwickeln. |
|
Michael Englbrecht: Co-Autor Michael Englbrecht ist Portfolio Manager SAP bei der eXXcellent solutions in Ulm. In seiner 23-jährigen Berufserfahrung im SAP-Bereich begleitete er viele Projekte bei der Umsetzung eigener UX-Konzepte und der Implementierung von SAP Fiori. In seiner Rolle als Business Manager leitet er außerdem Individual-Entwicklungsprojekte. Er ist Autor zahlreicher Bücher veröffentlicht beim Rheinwerk Verlag (SAP Press) u.a. zu SAP Fiori, SAP Schnittstellenprogrammierung und SAPUI5. |