Stetige Neuerungen, Innovationen oder gar vollständige Systemwechsel gehören in der IT zum Tagesgeschäft. Um für unsere Kund:innen stets optimale Lösungen gestalten zu können, ist mehr als die reine Beherrschung neuer Technologien erforderlich: Effizienz durch Synergien & Bausteine sowie Stabilität durch Bewährtes, sind die Schlüssel für konsequent erfolgreiche Projekte. Doch wie kann dies im Spannungsfeld zwischen Projektgeschäft und Wissensarbeit gelingen? Und was hat das mit verschworenen Handwerker-Bünden aus dem Mittelalter zu tun?
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Die Praxis macht den Unterschied!
Nicht selten drehen sich in der IT hitzige Wortgefechte um die „beste Technologie“ oder die „beste Projekt-Methodik“. Doch Methoden und Technologien sind nur ein Mittel zum Zweck. Neben der Frage nach dem „Womit?“ ist die Frage nach dem optimalen „Wie?“ viel entscheidender und muss daher fundiert und trittsicher beantwortet werden können.
Viel Wissen und praktische Erfahrungswerte entstehen direkt in unseren Kundenprojekten und damit bei meinen Kolleg:innen. Hier stellt sich die Herausforderung, wie unsere verschiedenen Projekt-Teams voneinander profitieren und gegenseitig auf neu gewonnenes Wissen und Teillösungen aufbauen können. Der effizienteste Weg ist natürlich stets der des direkten Transfers der Expertise über die entsprechenden Teammitglieder.
Doch nicht jedes Thema lässt sich über einzelne Köpfe oder im Fahrwasser konkreter Projektpraxis lösen oder weiterentwickeln. Zentrale Leitfragen erfordern eine von den Termin- und Sachzwängen der Projekte teilweise entkoppelte Herangehensweise, um optimale Lösungen und skalierbare Expertise zu erzielen. Das beginnt mit der Aufbereitung von Projekterfahrungen in kondensierte und transportierbare Formen und reicht bis zur dedizierten Forschungs- und Innovationsarbeit für große Themenkomplexe wie DevOps oder Cloud, die einen vollständigen Paradigmenwechsel bedeuten und damit den Blickwinkel einer umfassenderen Perspektive erfordern.
Unser Leitmotiv dabei ist es stets, exzellente Lösungen zu schaffen und das neu gewonnene Know-How in die Breite und damit zu unseren Kunden zu tragen. Dazu setzen wir auf ein breites Spektrum an Methoden und Mittel. Einer diese Methoden sind die eXXcellent Gilden, die ich im Folgenden näher vorstellen möchte.
Was ist eine Gilde?
Mit den eXXcellent Gilden haben wir einen Baustein des Konzepts „Scaling Agile @ Spotify with Tribes, Squads, Chapters & Guilds“ (Stand 11.2020) aufgegriffen und für unsere Bedürfnisse als mittelständischer IT-Dienstleister mit projektbasierter Organisationsstruktur weiter verfeinert.
Als Gilde verstehen wir zuallererst einen Zusammenschluss von drei bis sieben Kolleg:innen, mit gemeinsamen Interesse an einem klar umrissenen, zentralen Thema oder Domäne in der Softwareentwicklung.
Das Mission Statement und der Elevator Pitch
Worum es sich hierbei genau handelt und warum wir einen Invest darin als lohnenswert erachten, formuliert das Mission Statement einer Gilde.
Problem & Scope
- An welche Problemstellung unserer Kunden & Projekte richtet sich die Gilde?
- Was ist im Fokus, was außerhalb des Tätigkeitsgebiets der Gilde?
Value Proposition
- Welche entscheidenden Mehrwerte und konkreten Nutzen möchte die Gilde erzielen?
- Welche Vision wird verfolgt?
Lösungsansätze & Abgrenzung
- Über welches Vorgehen und Ansätze möchte die Gilde dies erreichen?
- Inwieweit grenzen sich diese von bestehenden Ansätzen ab? Sowohl solchen auf dem Markt als auch im Unternehmen.
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Auch wenn es im Mittelalter noch keine Fahrstühle gab: Die wenigen Sekunden einer gemeinsamen Fahrstuhlfahrt sind das ideale Maß für ein Kurzportrait. Idealerweise gelingt es der Gilde daher, all dies in einem ein bis drei Sätze umfassenden „Elevator Pitch“ zusammenzufassen um den Sinn und Zweck einer Gilde allgemeinverständlich und knackig auf den Punkt zu bringen.
Wissen mobil machen!
Wesentliches Ziel einer Gilde ist also die Schaffung und Vermittlung von transportierbarem Wissen und Mehrwerten zur Erreichung des Mission Statements. Damit möchten wir Know-How ausbauen, Innovationen ermöglichen und letztendlich neue Synergien und Vorteile für unsere Kunden schaffen.
Transportierbare Mehrwerte können sich in den unterschiedlichsten Formen manifestieren:
- als neue Softwarekomponenten, Tools und Frameworks,
- als dokumentierte Best-Practices in Form von Vorlagen, Artikeln oder Vorträgen,
- als mehrtägige Schulungen oder
- als neue Services wie z.B. einer Experten-Sprechstunde oder Beratungs- und Unterstützungsleistungen für die Projekte.
Als Austauschplattformen leben Gilden also vom gemeinsamen Wissens-, Informations-, Lösungs- und Erfahrungsaustausch sowie der Erarbeitung von Innovationen und Verbesserungen.
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Der Gildenkodex
Die Gründung und Beteiligung an Gilden steht prinzipiell allen Mitarbeiter:innen offen und folgt einem leichtgewichtigen, aber klar geregeltem Rahmenwerk. Vom Format richten sich die Gilden an größere und länger laufende Themen mit mindestens einem halben Jahr Laufzeit.
Das spiegelt sich auch in ihrer Besetzung wieder: Für jede Gilde halten wir mindestens drei Kernmitglieder:innen zu mindestens 20% exklusiv für die Mitarbeit frei. Darüber hinaus ist die opportunistische Beteiligung oder themenbezogene Innovationsarbeit im Rahmen der Portfolios jederzeit möglich. Das erlaubt einer Gilde die gesamthafte Koordination in einem Thema und sichert ein Mindestmaß an kontinuierlicher Innovationsarbeit.
Sprint 0 und das Sponsoring Gate
Im Portfolio der R&I-Instrumente zur Innovationsarbeit sind Gilden unser Instrument mit der größten Ressourcen-Ausstattung und bedürfen dementsprechend einer wirksamen Governance. Zugleich wollen wir genügend Spielraum für die schwer planbare, kreative Innovationsarbeit lassen und den Prozess so leichtgewichtig wie möglich halten. Darum haben wir das Sponsoring Gate und den Sprint 0 konzipiert.
Das Sponsoring Gate ist halbjährlicher Regeltermin um mindestens zwei Sponsoren davon zu überzeugen, eine Gilde zu unterstützen oder weiter fortzuführen. Für die Gründung richtet sich der Blick dazu auf das Mission Statement. Ein optionaler Sprint 0 bietet das notwendige Startbudget für diese erste Findungsphase. Nach erfolgreicher Gründung fokussieren sich die folgenden Sponsoring Gates auf die erzielten Erfolge und bewerten die präsentierte Roadmap-Planung im Kontext der Unternehmensstrategie.
Herrscher über die Zeremonien: Gildenmeister:in
Wir denken und arbeiten in Teams. Gerade organisatorische Fragen erfordern aber klare Zuständigkeiten. Deswegen benennt jede Gilde eine:n Gildenmeister:in. Diese:r agiert stellvertretend als primärer Ansprechpartner für die Gilde und stellt ihr Format, ihre Transparenz und ihre Ziele sicher. Dazu gehört:
- Organisation & Koordination aller Tätigkeiten einer Gilde und ihrer Ausrichtung
- Proaktive Repräsentanz der Gilde und Matchmaker mit den Projekten
- Einhaltung des Gilden-Formates und seiner Rahmenbedingungen
- Fürsprecher für Transparenz, regelmäßigen Austausch und Wissenstransfer in das Unternehmen
Zugänglichkeit, Sichtbarkeit & Transparenz
Als offene und transparente Organisation ist ein zentrales Ziel der Gilden, für unsere Kolleg:innen und Projekte so zugänglich wie nur möglich zu sein. Daher liegt ein wesentliches Augenmerk und eine Kernaufgabe des Gildenmeisters darin, niedrigschwellige Kanäle sowie kontinuierliche Transparenz sicherzustellen.
Dafür haben wir eine Vielzahl an Zugangswegen geschaffen: Das beginnt beim aktiv gepflegten Gilden-Steckbrief für den schnellen Überblick über das Mission Statement und die aktiven Mitglieder, sowie die letzten Ergebnisprotokolle, die aktuelle Roadmap und die verschiedenen Kontaktmöglichkeiten. Ein Kanal in unserer Slack-Alternative Mattermost sowie wöchentliche Gildentreffen sind weitere, hervorragende Möglichkeiten für den unkomplizierten Erstkontakt.
Ein Ziel von mindestens zwei Veranstaltungen oder Veröffentlichungen pro Jahr sichert ein gewisses Mindestmaß an Transparenz. Einzelne Gilden haben das inzwischen noch weiter ausgebaut und bieten, zusätzlich ergänzend zu ihren Lösungsbausteinen und Beratungsleistungen, auch regelmäßige Sprechstunden oder erläuternde Video-Webcasts an.
Erfahrungen & Learnings aus der Praxis
Vor knapp 1½ Jahren sind wir mit dem Format der „eXXcellent Gilden“ gestartet. Das Format ist seitdem sehr gut im Unternehmen angekommen und hat sich zu einer festen Größe in unserer R&I-Arbeit etabliert. Die Gilden leisten inzwischen zentrale Beiträge für den Erfolg unserer Kundenprojekte – sowohl in umfassenden Innovationsfeldern wie DevOps, Container & Cloud Computing als auch in enger abgegrenzten Domänen wie z.B. Authorization & Single Sign On.
Auf unserem Weg gab es zahlreiche kleinere und größere Aha-Momente. Auf zwei davon möchte ich noch kurz eingehen.
Aller Anfang ist schwer – Starthürden eliminieren!
Innovation ist schwer planbar und immer auch ein kreativer Prozess. Obwohl wir bereits von Beginn an die Rahmenbedingungen so leichtgewichtig wie nur möglich gestaltet haben, erlebten wir die geforderten Festlegungen zum Start, wie z.B. für die Formulierung des Mission Statements, teilweise als zu früh und damit als leichte Hürde. Mit dem 4-wöchigen „Sprint 0", welcher lediglich eine informelle Rücksprache erfordert, haben wir Raum für diese kritische und wichtige Findungsphase geschaffen und damit gute Erfahrungen gemacht.
Yin & Yang:
Zwischen Projekt- und Gildenarbeit
Unsere Kolleg:innen identifizieren sich stark mit unseren Kunden und ihren Projekten. Akute Projektthemen besitzen stets eine hohe Priorität und Aufmerksamkeit und daher eine gewisse Sogwirkung gegenüber internen Themen wie z.B. der Gildenarbeit.
Gilden leben elementar von der Zusammenarbeit Hand-in-Hand mit den Projekten. Um das Gleichgewicht zu sichern, greifen wir daher auf verschiedene Zusammenarbeitsmodelle zurück. Für Kurzläufer-Themen betten wir Gildenmitglieder direkt in die Projekte ein. Das erlaubt kurze Wege, höchste Effizienz und eine Aufbereitung im Nachgang.
Bei größeren und langfristigen Themen setzen wir stattdessen jedoch auf ein Partnermodell. Dabei geht es um die Zusammenarbeit eines Paares bestehend aus Themenrepräsentant:innen im Projekt und Repräsentant:innen aus der Gilde. Dies ermöglicht uns sowohl eine enge Nähe mit dem Projekt und sichert zugleich den Innovationsfluss zurück in die Gilde. Angenehmer Nebeneffekt: Dies führt auch zu einer Vervielfältigung unseres Wissens und Expertise und damit einer Win-Win-Situation für alle Beteiligten.
Fazit & Ausblick
In diesem ersten Teil unserer Artikelserie, schilderte ich die Herausforderungen aber auch Potentiale in der Innovationsarbeit eines mittelständischen Projektdienstleisters. Über leichtgewichtige und pragmatische Konzepte schaffen die eXXcellent Gilden neue Mehrwerte und Lösungen, die wir stets mit viel Herzblut und Spaß an der Sache gerne in die Projekte unserer Kunden einbringen. Wie schon auch gegenüber unseren Kunden, gehören auch für die eXXcellent Gilden Transparenz und die Begegnung auf Augenhöhe zu den tragenden Grundprinzipien unseres Tuns.
In den nächsten Folgen diese Artikelserie stellen sich die eXXcellent Gilden im Portrait ausführlicher vor. Dabei möchten sie interessante und konkrete Einblicke in unsere aktuelle Forschungsarbeit und inhaltlichen Themen geben. Freuen Sie sich mit uns auf weitere spannende Inspirationen und Einblicke - auch im Jahr 2021!
Die Gilden bei eXXcellent solutions: Gilden Portraits
- Von Containern, Orchestern und Wolken: Die Gilde „Container, Kubernetes & Cloud Native“
- Mit CI/CD erhöhen wir die Softwarequalität und verkürzen konstant die Releasezyklen: Die Gilde "CI/CD"
- eXXcellent solutions Technology Radar: Wegweiser für unseren Kundenerfolg! Die Gilde "Technology Radar & Best Practices"
- Zugriff von überall? Authentifizierung ist wichtiger denn je! Die Gilde "Authorization, Authentication, Single Sign On (SSO)"
- Lernen, um zu Lernen: Die Gilde AI, Machine Learning & Data Science
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Weitere Informationen
Ein weiterer Teil des eXXcellent solutions Wissensaustausches sind unsere Lightning Talks. In diesen kurzen Talks befassen wir uns mit Themen, wie: » Neue Technologien, Frameworks und Entwicklungen am Markt |
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